Maria Generosa Christen-Odermatt
Maria Generosa Christen-Odermatt wurde 1921 in Stans im Kanton Nidwalden geboren und ist dort aufgewachsen. Nach ihrer Heirat zog sie 1945 nach Basel. Seit 1971 lebte sie in Hofstetten im Solothurner Jura, wo sie 2014 starb. Ihr erstes Buch „Mier ä Holebänz“ erschien 1998. Sie erhielt dafür den Ehrenpreis des „Unüberwindlichen Grossen Rates“ von Stans.
Zu „Mier ä Holebänz“ schrieb Dr. Charles Cornu im „Bund“: „Erinnerungsbücher haben andere auch schon geschrieben. Doch Maria Generosa Christen-Odermatt tut es auf sehr besondere, auf ganz persönliche Weise: ohne verklärende Wehmut, vielmehr oftmals mit ungenierter Spottlust, liebevoll, aber zugleich eine lächelnde und klarsichtige Distanz bewahrend, witzig ohne Bösartigkeit und verbunden mit wohltuender Selbstironie.“ Der Schriftstellerin wie der Malerin gelang es, in ihrem eigenen, unverwechselbaren Stil Atmosphäre zu schaffen. „Ein besonderer Zauber“ und eine Liebe zum stimmigen Detail zeichnen die Bilder und Texte von Maria Generosa Christen-Odermatt aus. Nicht zuletzt deshalb ist sie auch im „Peintres naïfs“ verzeichnet, dem von Anatol Jakovsky erstellten Lexikon der Laienmaler.
Maria Generosa Christen-Odermatt war eine aussergewöhnlich gescheite, eigenwillige, kreative, belesene, temperamentvolle, grosszügige und vielseitig talentierte Frau, die – wäre sie später geboren – eine brillante, vielleicht akademische Karriere gemacht hätte. So wie die Dinge in ihrer Generation noch lagen, wurde sie Hausfrau. Ihre Hauptinteressen waren der Naturschutz (speziell der Vogelschutz), die Volkskunde, die Literatur und die Politik. In all diesen Bereichen war sie stets auf dem neuesten Stand und es konnte ihr niemand ein X für ein U vormachen – weil es niemand versuchte. Als es die Grünen noch gar nicht gab, engagierte sich Maria Generosa Christen-Odermatt bereits aktiv im Solothurner Natur- und Vogelschutz, die gepflegten Gärten ihrer Nachbarn bezeichnete sie als „Giftwüsten“. Sie war ihrer Zeit voraus und praktizierte den Naturschutz früh im eigenen Garten. Sie baute ein Biotop, pflanzte vogelfreundliche Hecken, pflegte eine Magerwiese, auf der heute Wachtelweizen steht, Scheckenfalter herumfliegen und Feldgrillen zirpen. Sie war mit Füchsen, Mardern, Dachsen, Igeln, Mäusen und Eichhörnchen auf Du und Du. Als wahre Tellentochter war sie mit ihrem „Anschütz“ die Treffsicherheit selbst, wenn sie in ihrem Garten einen politisch nicht korrekten Vogelschutz betrieb. Alle Arten von Spechten und Meisen, Kleiber, Gartenbaumläufer, Distelfinken, Dompfaffen, Kernbeisser, Winter- und Sommergoldhähnchen und allerlei Vögel mehr waren ihr dafür dankbar. Deren Nachkommen bevölkern noch heute den von „Meisi“ (so der Übername von Maria Generosa Christen-Odermatt) geschaffenen Naturgarten. Und auch die Eichelmändli residieren zweifellos noch in den riesigen, unter Naturschutz stehenden Eichen. Allerdings haben die Eichelmändli bisher zu niemandem gesprochen, so dass sie momentan noch unsichtbar sind (siehe Seite "Wer sind wir?").
Auch mit der Volkskunde beschäftigte sich Maria Generosa Christen-Odermatt, vor allem mit der Volksfrömmigkeit und den Bräuchen in der Innerschweiz, und hier speziell im Kanton Nidwalden. So verlor sie nie den Draht in ihre alte Heimat. Das Spektrum ihres politischen Interesses umfasste Lokal- wie auch Weltpolitik. Und da überall meist „Mannen“ am Werk waren, die den grundsätzlichen Makel hatten, keine Frau zu sein, entgingen nur wenige ihrem bissigen und scharfsinnigen Spott. Auf die „Emma“ war sie von der Stunde null an abonniert, aber unabhängig und frei im Kopf, wie sie nun einmal war, kündigte sie Alice Schwarzer die Freundschaft bzw. das Abo, als sie den Eindruck gewann, dass „Emma“ zu stark in Richtung Tierrechte (vor allem für Katzen und Hunde) driftete.
Eine Familie war auch noch da, von der sie als Hausfrau gefordert wurde, was aber für einen Menschen mit ihren Fähigkeiten kein ernsthaftes Problem darstellte. Als Köchin hätte sie es locker in den „Guide Michelin“ geschafft: Sie interpretierte Escoffier in einer Art und Weise, die diesen begeistert hätte. Und alles scheinbar mit links, so dass ihr genug Zeit zum Lesen blieb. Maria Generosa Christen-Odermatt ist nie ausserhalb der Schweiz gereist, sie hat nie in einem Flugzeug gesessen und hat das Meer nicht gesehen. Und trotzdem kannte sie speziell Russland und Irland besser als mancher Tourist, der ein paar Tage da herumhetzt. Mit ihren Kenntnissen über die Literaturgeschichte der besagten Länder hätte sie nicht wenigen Einheimischen die Schamröte ins Gesicht getrieben. Auch wenn es sie wahrscheinlich ärgern würde, das zu hören, so ist es trotzdem irgendwie eine gute Fügung, dass Maria Generosa Christen-Odermatt Hausfrau geblieben ist. Denn wenn sie Karriere gemacht hätte, so wäre kaum ein so reiches und charaktervolles Werk auf uns gekommen. Vielleicht hätte, wenn … – aber wir wissen es nicht. R.I.P.